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22.10.2016Rebhuhn-Blues und Exillyrik


Wie, was, der letzte woerdz-Abend schon? Wie, was, das fragt sich auch Adam, der in Tim Krohns Roman «Zum Paradies» mit kindlicher Neugier Gottes Schöpfungen erforscht. Krohns Vortrag war an diesem Festival der erste und einzige dieser Art – unerhört, er sass! er las vor! – und nicht nur deswegen erfrischend. Adam nämlich ist auf einer Art Baustellenrundgang durch den Garten Eden und benennt die Welt. Mit ihm wunderten wir uns über Ankerassel und Berberitze, über das Gute und das Nichts und über die rätselhaften Dimensionen von Sprache.

 

Wunderlich weiter ging es mit Erzähler Michael Fehr und Gitarrist Manuel Troller, die umwerfende Bluesstücke machen. Während Fehr sprachlich ein Rebhuhn auseinandernahm, tänzelte er in Lackschühchen und mit James-Dean-Tolle in Elvis’scher Manier über den Bühnenboden. Irgendwo zwischen Nonsens und Genialität waren auch «Mädchen, Mädchen» und «Ausserholligen Baumwollfeld» anzusiedeln. Und darauf liess man sich dank Fehrs heisser Reibeisenstimme und Trollers tollem Geschmetter nur allzu gerne ein.

 

Moderator Pablo Haller kündigte das nun folgende Programm als «Spoken Word mit Kinderhintergrund» an. Die Künstlergruppe «Die Eltern», bestehend aus Sandra Künzi, Simon Chen und Stefanie Grob, malte ein Himmel und Hölle des Elterndaseins auf die Südpol-Bühne. Da wurde von Mutterkuchen bis Käseschmiere eine Geburt semantisch zerpflückt, ein modernes Bild der Familienmanagerin (altertümlich: Hausfrau) skizziert und das Publikum zum Elternabend eingeladen.

 

Nach der Pause fand sich das bierbewehrte Publikum wieder im Saal ein und eine gespenstische Ruhe machte sich breit. Auftritt PJ Harvey, im Musikbusiness dank neun Alben eine altbekannte Häsin, auf der Literaturbühne aber mit ihrem ersten Lyrikband «The Hollow of the Hand» noch in recht ungewohnter Umgebung. Die ätherische Poetin trug Gedichte vor, die auf ihren Reisen in den Kosovo, nach Afghanistan und Washington DC entstanden waren. Ein berührender und zugleich befremdlicher Auftritt: Die britische Künstlerin rezitierte zwar mit glasklarer, warmer, streichelnder Stimme, wirkte dabei aber unnahbar und etwas maskenhaft.

 

Geografisch passend und formal sowie motivisch schön waren PJ Harveys Vortrag und der letzte Programmpunkt miteinander verknüpft. Den vierten woerdz-Abend beschlossen die kosovarischen Dichter Prend Buzhala und Bardhec Berisha, beide mit heftigen, von Krieg und Exil geprägten Biografien. Die Themen Verwüstung, Leid, Fremdheit dominierten die mit Verve vorgetragenen Gedichte, aber auch Helden, Liebe und kämpferischer Mut wurden besungen – und von Berishas Töchtern Rosa und Blerta übersetzt. Eine eindrückliche Lausch-Erfahrung zwischen der unbeschwerten Klangschönheit des Albanischen und den tiefernsten Texten.

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