19.10.2018Werkauftrag «Zukunft der Sprache – Sprache der Zukunft», Teil 1
Mund auf: Ist Kotze eine Sprache?
Kommt die Sprache mit uns überhaupt noch mit? Was passiert, wenn Icons und Emojis in den mündlichen Sprachgebrauch übergehen? Corinna Virchow und Gerhard Meister erarbeiteten den Versuch einer Langzeit-Prognose. Und gaben diese auf.
Man nehme a) eine Wissenschaftlerin, und b) einen Autor, stecke sie ad-hoc einige Tage zusammen und lasse sie brodeln. Soweit das Rezept für Werkauftrag Nummer 1.
Das Internet verhunzt die Sprache! Emojis zerstören Schriftlichkeit und Mündlichkeit! Wir werden nur noch grunzend miteinander kommunizieren! Wer am Abend von Corinna Virchow und Gerhard Meister (der in letzter Minute für die kranke Nora Gomringer eingesprungen war), eine düster-dystopische Totsagung der Zukunftssprache erwartete, wurde leider enttäuscht.
Ein neuer Tempus fürs Zögern und Zaudern
Zwischen Virchow und Meister entfaltete sich ein feinsinniges Pingpong von Assoziationen in Mundart und Ausführungen akademischer Art – mit feinem Witz und Charme und Tempo. Die Wandtafel, Symbolbild des Lernens, wurde hastig und krakelig beschrieben. Über Kotze wurde philosophiert und ob sie – einmal dem Mund entflohen – auch eine Sprache sei (nein, ist sie nicht, Q.E.D.). Ob Trump nun ein Barbar sei, weil er nur die Mündlichkeit beherrsche (nein, manche Menschen seien einfach Arschlöcher).
Spielerisch wurde flugs ein neuer, dringend benötigter Tempus für die deutsche Sprache kreiert: der Moratoriums-Tempus. Mit diesem lassen sich Verben konjugieren, für denjenigen, der mitten in seinem Tun verharrt. Ein Plädoyer fürs Innehalten, diese neu getaufte «Zöger- und Zauderzeit». Und es wurde gleich munter auf der Bühne ein frisch geschaffenes Verb vorgestellt – sehr zur Freude des Publikums.
Fazit des Abends? Wenn Wissenschaft und Literatur sich aus ihren Gärtchen herauswagen und sich spielerisch selbst nicht so sehr, aber sich dafür gegenseitig umso ernster nehmen – das gibt, je nach Rezept, ein wahrlich feines Süppchen.